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CTH 456.4.1

Citatio: F. Fuscagni (ed.), hethiter.net/: CTH 456.4.1 (INTR 2015-09-18)

Ein Ritual für die Reinigung von Gebäuden und ihren inneren Räumen (CTH 456.4.1)

Textzeugnisse

A

KUB 7.13 Vs. I

Bo 630

B

KUB 46.56

Bo 727

Vs.? 4' ff. = A. Vs. 18-36.

Literatur

Boysan-Dietrich N. 1987a, 122-125; Haas V. 2003a, 446, 507; Tanaka T. 2008a, 740-741;

Editionsgeschichte

Bo 630 wurde von H. Ehelolf 1923 als KUB 7.13 publiziert. E. Laroche klassifizierte erstmals dieses Ritual als Reinigungsritual in seinem Catalogue. Die ersten 21 Zeilen wurden von N. Boysan-Dietrich in ihrem Buch über das hethitische (Lehm)haus bearbeitet1.

Das von L. Jakob-Rost 1976 als KUB 46.56 publizierte Fragment Bo 727 wurde von H. Otten in seiner Rezension zu KUB 46 als Duplikat erkannt2.

Inhaltsübersicht

Vs. I von KUB 7.13 ist fast vollständig erhalten (insgesamt 47 Zeilen); Rs. IV bietet 26 Zeilen, die nur teilweise erhalten sind.

Das Ritual hat mit KBo 40.77 (CTH 456.4.2) einen Paralleltext, der in einem Abschnitt als Duplikat zu betrachten ist (KBo 40.77 Vs. (I) 8'-12' = KUB 7.13 Vs. I 35-38).

Die erste Hälfte von Vs. I 1 ist leider nicht lesbar, sodass incipit und Ziel des Rituals unbekannt bleiben. Jedoch ist deutlich, dass das Ritual durch einen Mann des Wettergottes durchgeführt wird. Man kann vermuten, dass er im Titel/incipit des Ritual erwähnt ist. Der erste Paragraph des Rituals bis kolon 26 enthält die relativ ausführliche Beschreibung einer Reihe von Wartungsarbeiten an den Außen- und Innenseiten einiger Gebäude. Bis kolon 17 kommt der Mann des Wettergottes anscheinend nicht vor und die Wartungsarbeiten werden vermutlich von anderen Ritualteilnehmern durchgeführt. Dem Mann des Wettergottes obliegt es, durch Riten die Gebäude von Negativem zu reinigen3.

Zuerst werden die Türen, die Balken und die Fenster(rahmen) im Inneren des Gebäudes abgehoben, dann die Wände abgekratzt (kola 7-9). Danach verlagert sich die Handlung nach draußen und hier wird der Verputz der äußeren Wände ebenso abgekratzt und abgehoben. Der sich aus dem Abkratzen des Verputzes ergebende Schutt wird gesammelt und weggebracht (kola 12-16). Jetzt kommt der Mann des Wettergottes ins Spiel4, der ein rotes Schaffell hält und mit einem Holzobjekt (dessen Name in der Lücke verloren gegangen ist) die Wände und die Böden des Gebäudes schlägt5, namentlich die Teile des Gebäudes, an denen die Wartungsarbeiten durchführt wurden (kola 17-19). Dann spricht der Mann des Wettergottes eine kurze Beschwörungsformel, damit einige negativen Begriffe das Gebäude loslassen (kola 20-26).

Dieser Teil des Rituals verdient wegen einiger 'Fachtermini', die auch in anderen Texten belegt sind, in denen ähnliche Wartungsarbeiten an Gebäuden durchgeführt werden, besonderes Interesse.

Unter diesen Termini seien die Verben a(r)rirra- „abkratzen“ (kolon 4, 9, 12) und (arḫa) ḫašḫaš- „abheben“ (kolon 7, 8, 13), die Substantive GIŠaraša- „Innentür“ (kolon 26), ḫaniššūwar „Verputz“ (kolon 12), GIŠḫanza- „Türrahmen(?)“ (kolon 7), ḫuimma- „u.B.“ (kolon 23), GIŠkattal[uz]zi „(Tür)schwelle“ (kolon 7, 26) und kutt- „Mauer, Wand“ (kolon 5, 12, 19) hervorgehoben.

Die Beschreibung ähnlicher Wartungsarbeiten an Gebäuden findet sich in den Instruktionen Arnuwandas I. für die Provinzgouverneure (hier ist die Beschreibung sehr knapp)6 und in KBo 24.93 Rs. III 17ff.7, ein Fragment eines Festrituals (CTH 669, wo die Beschreibung sehr ausführlich ist). Vgl. auch KUB 58.68 13'ff (CTH 470). Auch wenn der Mann des Wettergottes in keinem dieser Texte Erwähnung findet, ist die Ähnlichkeit der Handlungen deutlich. Darüber hinaus kann an dem Prinzip einer periodischen Wartung von Gebäuden bei den Hethitern kein Zweifel bestehen. Ein Zusammenhang mit Reinigungsritualen ist durch die der Renovierung von Gebäuden inhärente Reinigung natürlicher Weise gegeben.

Ab kolon 27 setzt das Ritual mit weiteren Handlungen fort: nachdem der Mann des Wettergottes einen Schwenkritus mit einem Ziegenbock in dem Gebäude durchgeführt hat (kola 27-29), bringt er ein rotes Schaffell zu einem unberührten Ort außerhalb der Stadt (vgl. kolon 45), befestigt es am Boden und umwickelt es mit roter Wolle (kola 31-35). Dann spricht er eine neue Beschwörungsformel, damit die Unreinheiten befestigt und umwickelt bleiben und dem Haus, dem Herrn und der Herrin des Hauses nicht näher kommen (kola 36-40).

Am folgenden Tag kommt der Mann des Wettergottes in die Stadt zurück und führt weitere Ritualhandlungen durch. Er nimmt materia magica für das Ritual aus dem Gebäude. Zuerst werden ein (der obengenannte?) Ziegenbock und danach ein Lamm geschlachtet, das Fleisch gekocht und geopfert (kola 45-57). Dann isst man das Fleisch und der Mann des Wettergottes trinkt dreimal den Wettergott (kola 58-63).

Wenn es am folgenden Tag hell wird, ordnet der Mann des Wettergottes in den Gebäuden weitere materia magica zur Fortsetzung des Rituals an (kola 64-66).

Dann endet Vs. I und der Text setzt auf Rs. IV mit der Aufzählung von Speiseopfern für den Wettergott fort (kola 72-77). Dann wird ein Tier geschlachtet oder geopfert, seine Teile gekocht und gegessen (kola 78-84). Im letzten Teil wird der Text lückenhaft und schwierig zu verstehen. Jedoch werden ein Trankopfer von Wein (kola 87-89) und ein Trinkritus für den Wettergott und die Heptade (kola 94-95) durchgeführt. Nach zwei lückenhaften Zeilen endet der Text. Es gibt einen unbeschriebenen Raum bis zum Ende der Tafel von etwa 25 Zeilen, anscheinend ohne Kolophon.

Rs. IV scheint nicht so viel gemeinsam mit Vs. I zu haben. Sicher ist der Zelebrant noch ein Mann des Wettergottes und eine der betroffenen Gottheiten ist der Wettergott selbst, der schon in Vs. I 38 (kolon 49) erwähnt wurde (hier nimmt der Mann des Wettergottes einen Tisch aus Rohrgeflecht für den Wettergott). Die in Rs. IV 23 erwähnte Heptade tritt nicht in Vs. I auf. Es ist vorstellbar, dass die Heptade in den verlorenen gegangenen Zeilen der Vs. II und Rs. III erwähnt ist. Ferner wird in Rs. IV kein Gebäude erwähnt, was ein wenig ungewöhnlich ist, handelt es sich doch um den Schluss des Rituals. Denkbar ist, dass in der Fortsetzung des Rituals die Gebäude an Bedeutung verlieren. Der Paralleltext KBo 40.77 (Vs. I) 33' zeigt, dass auch nach der Auflistung der materia magica (KBo 40.77 (Vs. I) 27'-32' und KUB 7.13 Vs. I 47-52) das oder die Gebäude noch eine Rolle in dem Ritual spielen. Die Annahme einer Sammeltafel für KUB 7.13 ist daher nicht auszuschließen.

© Universität Mainz – Altorientalische Philologie/Institut für Altertumswissenschaften

1

Boysan-Dietrich N. 1987a, 122ff.

2

Otten H. 1977b, 301.

3

Vgl. auch Bo 4398 + KUB 41.11 Vs. - Rs.1' (CTH 456.5) für ein anderes Ritual, in dem das Mann des Wettergottes ein Ritual für die Reinigung eines Gebäudes aus dem Unreinheit durchführt.

4

Er ist nicht explizit erwähnt, aber die Verbalformen in der 3. Prs. Sg. in kolon 17 kann sich nur auf ihn beziehen.

5

Vgl. auch kolon 5, in dem eine ähnliche Handlung durchgeführt wird.

6

Vgl. KUB 31.87 + KUB 31.88++ Vs. II 14ff. (CTH 261.1.A) = KUB 13.2++ Vs. II 13'ff. (CTH 261.1.B) = KUB 31.91++ Vs. II 4'ff. (CTH 261.1.C) = KUB 31.86++ Vs. II 40' (CTH 261.1.D). S. die Bearbeitung in Miller J.L. 2013a , 224-227.

7

Ab Rs. III 23' ist HT 40 Vs. 1'ff. Duplikat. Für eine Bearbeitung dieses Textes vgl. Boysan-Dietrich N. 1987a, 31-34.


Editio ultima: 2015-09-18






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